Der Kommissar und der große böse Wolf
Niedersachsen
10.2.21

Der Kommissar und der große böse Wolf

2020 hat sich der Wolf in Deutschland und vor allem in Niedersachsen ausgebreitet wie nie zuvor. Die Anwesenheit des Kulturfolgers hat seine Opfer gefordert. Dazu gehörten geschützte Heidschnucken in der Heide, welche fester Bestandteil unseres niedersächsischen Kulturgutes sind, Schafe und sogar Großtiere wie Pferde und Rinder.

In einer Kulturlandschaft wie in Deutschland und auch den meisten anderen Ländern in Europa können wir es uns nicht leisten, dass der Wolf sich unkontrolliert verbreitet. Zum Schutz des Wolfes und zum Schutz unserer Nutztiere brauchen wir ein gutes Monitoring und ein Bestandsmanagement. Die Forderung nach einem Bestandsmanagement steht schon länger im Raum und von Umweltverbänden aber auch der niedersächsischen Landesregierung wird immer wieder in der Diskussion mit dem Finger auf Europa gezeigt.

Das wirft viele Fragen auf. Wann kann denn nun genau ein Bestandsmanagement eingesetzt werden? Wie viele individuelle Wölfe sind denn aktuell wirklich in Deutschland? Wann genau ist die EU zuständig, wann die Mitgliedsstaaten? Wer trägt die Verantwortung?

Für mich war klar, dass der Kommissar für Umweltfragen Virginijus Sinkevičius die Antworten darauf hat. Deshalb habe ich mit vielen Fragen im Gepäck um ein Treffen gebeten, welches im Januar stattgefunden hat.

Bei meinen Fragen kam heraus, dass die Anzahl der Wölfe durchaus Relevanz hat, aber nur ein Baustein für die Bestimmung des günstigen Erhaltungszustands ist. Die Anzahl erwachsener Individuen ist dabei immer eine Schätzgröße. Neben der Größe der Population sind Trends und Strukturen dieser relevant. Ebenfalls relevant ist die Verbreitung des Wolfes, die Anzahl und Qualität der Habitate sowie die Zukunftsaussichten. Für die Mitgliedsstaaten und vor allem für Deutschland kam es in der Diskussion zu einer klaren Aussage. Die Mitgliedsstaaten können einen günstigen Erhaltungszustand selbst feststellen. Die Europäische Kommission tut dies ohne Initiative der Mitgliedsstaaten nicht von selbst, sondern wird diese Initiative nur überprüfen und gegebenenfalls absegnen. Für den Kommissar war zumindest klar: Wenn Deutschland den günstigen Erhaltungszustand feststellt hat die Kommission erstmal keinen Grund daran zu zweifeln.

Für mich ist in Niedersachsen dieser Erhaltungszustand mehr als erreicht. Und auch deutschlandweit wachsen die Zahlen. Nahezu alle Bundesländer sind vom Wolf besiedelt. Daher setze ich mich gemeinsam mit Gero Hocker im Bund und Hermann Grupe im Land für ein Tätigwerden der Bundesregierung ein. Wir dürfen auch unsere Jägerinnen und Jäger im öffentlichen Diskurs nicht alleinlassen. Weder mit dem Umgang einzelner Problemwölfe noch dürfen wir zulassen, dass Jägerinnen und Jäger als Feind des Wolfes dargestellt werden. Sie sind ein wichtiger Bestandteil unseres Naturschutzes und dabei müssen sie unterstützt werden.

Schlechte Nachrichten gab es vom Kommissar hingegen für die Schäferinnen und Schäfer an Niedersachsens Küste. Was unter der Habitat-Richtlinie nicht möglich sei, ist ein genereller Bann des Wolfes auf den Deichen. Das heißt für Schafshalter also weiterhin Ausgleichszahlung für gerissene Schafe. Einen positiven Ausblick hat mir der Kommissar noch mit auf den Weg gegeben: Im Frühjahr 2021 will die Kommission einen Leitfaden für den Umgang mit dem Wolf veröffentlichen. Dieser soll vor allem bei der undurchsichtigen Ausgestaltung der FFH-Richtlinie helfen und den Mitgliedsstaaten bei der Ausgestaltung der Handlungsmöglichkeiten zur Seite stehen. Diese seien, nach Aussage des Kommissars, von den meisten Mitgliedsstaaten noch nicht ausgenutzt.

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